Und dann waren es nur noch 6, USA: Präsidentschaftszyklus und mögliche Wahl von Trump, Gewinnausweise überraschen positiv.
Chart of the week
Die Grafik zeigt die durchschnittliche Rendite des S&P 500 seit 1950 in dem vierten Jahr eines US-Präsidenten, wenn dieser zur Wiederwahl steht (orange) oder wenn er im 8. Amtsjahr steht und nicht mehr kandidieren kann (blau).
Warum das wichtig ist
Da sich Biden zur Wiederwahl stellt, haben wir den Fall, der mit der orangen Linie gezeigt wird.
Aktuell ist davon auszugehen, dass es zum erneuten Duell zwischen Biden und Trump kommen wird.
Wir wurden in den vergangenen Wochen oft gefragt, was eine Wahl Trump zum Präsidenten für die Börse bedeuten würde. Persönlich können wir einer Wahl von Trump nicht viel Positives abgewinnen, aber im Bericht hier geht es um eine nüchterne Analyse der Möglichkeiten.
Im Wahlprogramm von Trump steht unter anderem:
- Reduzierung der Firmensteuern um 10% (sehr positiv für die Wirtschaft)
- Einführung von 10% Steuern auf alle Importe (sehr positiv für Firmen in den USA)
- Reduzierung der Bürokratie (positiv für Firmen und die Wirtschaft)
- America First: Rückführung der Produktion in die USA (tiefere Arbeitslosigkeit, aber höhere Kosten)
Die Punkte lassen darauf schliessen, dass die Börse sehr positiv auf einen möglichen Gewinn von Trump reagieren könnte. Trump würde der Wirtschaft einen Boost nach dem anderen erteilen. So positiv, dass dies über einen Zeitraum von einem Jahr wäre, beinhalten alle diese Massnahmen die Gefahr von massiv höherer Inflation in den Jahren danach. Für den Rest der Welt und alle Firmen ausserhalb der USA wäre eine erneute Präsidentschaft von Trump nicht erfreulich. Trump will die Funktion der USA als Weltpolizist beenden. Auch wenn das langfristig positiv sein kann, überwiegen kurz- und mittelfristig die Nachteile. Es kann zu einem Machtvakuum mit zusätzlichen Konflikten führen.
Ein Beispiel dazu: Seit die USA mit Öl-Fracking vom Importeur von Öl zum Exporteur wurden, haben sich die USA immer mehr aus dem Nahen Osten zurückgezogen und ihr Augenmerk auf den Pazifik gelegt. Im entstehenden Machtvakuum versuchen Iran und Saudi-Arabien die Lücke zu füllen. Beide versuchen dies durch die Aufrüstung von ihnen genehmen Milizen. Der Krieg in Syrien oder jetzt in Israel waren die Folgen.
Und dann waren es nur noch 6
2023 war ein bemerkenswertes Jahr. Fast die ganze Rendite des S&P 500 kam von nur 7 grossen Firmen: Nvidia, Meta (Facebook), Google, Microsoft, Amazon, Apple und Tesla.
Der S&P 500 hat im Januar nach anfänglicher Schwäche bisher 3% zugelegt. Wäre der Index nicht Kapital gewichtet, sondern gleich gewichtet, so wäre die Rendite nur -1%. Das Jahr ging also bisher genauso weiter, wie es aufgehört hat. Einige wenige Titel haben den ganzen Index hochgetrieben. ABER, es sind 2024 nur noch 6 und nicht mehr 7.
Die herausragende Rendite der sogenannten Magnificent Seven waren nicht einfach aus der Luft gegriffen. Alle sieben Firmen überraschten immer wieder mit höheren Gewinnen. Vergangene Woche hat sich Tesla aus der Gruppe verabschiedet. Sinkende Gewinne führten zu einem Wertverlust von 25% seit anfangs Jahr.
Zwischen dem 29. Januar und dem 2. Februar werden die meisten der oben genannten Firmen ihre Resultate publizieren. Da wird sich zeigen, ob sich noch mehr Firmen aus der Gruppe verabschieden.
Gewinnausweise überraschen positiv
Die Grafik unten fordert etwas Einarbeitungszeit, aber es lohnt sich. Der Chefstratege der Traditionsbank Fidelity ist berüchtigt, aber auch geschätzt für seine komplexen Grafiken.
Die Grafik zeigt die durchschnittliche Gewinnerwartung für Firmen in den USA von 39 Wochen vor dem Ende des Quartals bis zu 9 Wochen nach dem Ende des Quartals. Die vertikale Linie symbolisiert das Ende des Quartals, alle Daten Links sind Erwartungen, alle Daten Rechts sind effektiv ausgewiesene Gewinne.
Ende 2023 wurde für das vierte Quartal eine durchschnittliche Gewinnsteigerung von 1.09% erwartet, aktuell sind wir bei 1.78% (pink). Für das 1. Quartal 2024 wird eine Zunahme von 6% (hellblau), für das 2. Quartal 10% (grün) und für das dritte Quartal 17% (dunkelblau) erwartet.
Bislang haben 52 Unternehmen berichtet, von denen 87% die Schätzungen um durchschnittlich 8,22% übertroffen haben. Das ist normal und lässt auf weitere positive Nachrichten von den Firmen hoffen.
Die Grafik bietet auch wichtige Informationen für Anleger in Einzelaktien. Es ist ein Zyklus erkennbar. Zwischen der Woche 10-6 vor Ende des Quartals werden die Erwartungen oft massiv gesenkt, erreichen dann zum Quartalsende das Minimum, um dann bei den effektiven Zahlen positiv zu überraschen.
Dieser Zyklus basiert auf gesetzlichen Vorgaben. Wenn sich bei einer Firma der Umsatz halbiert und sie am 25. des Folgemonates nach Ablauf des Quartals informiert, hat sie mit Sicherheit eine Anklage der Behörde am Hals. Börsen-Relevante Informationen muss eine Firma sofort bekannt geben. Und eine Halbierung des Umsatzes ist nach 2/3 des Quartals bereits absehbar. Sie muss also zu dem Zeitpunkt informieren. Und das sind 10-6 Wochen vor Ablauf des Quartals.
Kündet also eine Firma 10-6 Wochen vor Ablauf des Quartals überraschend eine Medienkonferenz an, sollte man auf der Hut sein und ev. sicherheitshalber verkaufen.
Auch positive Entwicklungen müssen die Firmen bekannt geben. Damit sind sie aber zurückhaltender, weil sich bis Ende Quartal die Lage noch verschlechtern kann und sie bei der offiziellen Bekanntgabe lieber positiv überraschen wollen. Bei einer Medienkonferenz 10-6 Wochen vor Ablauf des Quartals, ist also die Wahrscheinlichkeit für eine schlechte Ankündigung höher, als für eine positive Ankündigung.
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